Renshi = moderne Form der Kettendichtung
Renshi beim poesiefestival berlin 2006
Renshi mit Lars-Arvid Brischke und Stephan Gürtler (2003 & 2004)
Renshi - Rekurs als Prinzip (Begleittext zum Renshi "Mit wasserlöslichen Ankern")
"Mit wasserlöslichen Ankern", Renshi 2003
"Ein Platz an der Ader", Renshi 2004
"Renga, Kettendichtung, nennt man in Japan eine poetische Gemeinschaftsproduktion, bei der mindestens zwei Dichter zusammenkommen und abwechslungsweise ein paar Zeilen schreiben, so daß sich diese Elemente zu einer fortschreitenden Kette verbinden." Der Begriff "Renshi wurde in Analogie zu Renga gebildet, wobei shi die moderne, formal ungebundene Lyrik im westlichen Stil bezeichnet". (Eduard Klopfenstein)
"Das Werk, das dabei entsteht, wird zu einer fortlaufenden Kette von Umschlägen und Entdeckungen. Und zwar sind, wenn ich hier von Entdeckungen rede, vor allem Entdeckungen im Wechselspiel der Teilnehmer gemeint. Die daraus sich ergebenden Überraschungen, das Interesse, die Freude darüber sind eine unverzichtbare Triebfeder für das Fortschreiten der ganzen Gedichtkette. Wenn eine solche Kette sich dynamisch entfaltet, so bewegt sie sich keineswegs nur linear vorwärts. Die Teile und das Ganze wirken fortwährend in lebendiger, organischer Weise aufeinander ein und bringen so nach und nach neue Bedeutungen und Situationen, unerwartete Entwicklungen und Ausblicke hervor. Das hinterläßt nicht einen linearen, sondern vielmehr einen räumlichen Eindruck." (Makoto Ooka)
(Zitate aus: Poetische Perlen. Renshi mit Hiroshi Kawasaki, Karin Kiwus, Makoto Ooka und Guntram Vesper, Verlag Franz Greno, Nördlingen 1985)
Im Rahmen des poesiefestivals berlin 2006 haben Monika Rinck, Jan Wagner, Lars-Arvid Brischke und ich vier Tage lang - von Montag, den 29. Mai bis Donnerstag, den 01. Juni - in Räumen auf dem Gelände der Kulturbrauerei ein Kettengedicht (Renshi) geschrieben und es anschließend - am Freitag, den 02. Juni - im Maschinenhaus der Kulturbrauerei präsentiert.
Das Renshi ist eine moderne Variante japanischer Kettendichtung, eine Spielform kollektiven Dichtens, geprägt von gegenseitiger Inspiration und knapp bemessener Zeit. Dabei schreiben die Teilnehmenden nacheinander Gedichte, wobei jedes aus einem Bezug zum vorherigen entsteht. Wer an der Reihe ist, greift ein Wort oder Motiv des letzten Kettenglieds auf, rekurriert auf dessen Sinngehalt oder übernimmt ein Formelement. Mit Bashô formuliert: Man „riecht“ den Duft der vorangegangenen Zeilen und reagiert darauf. Assoziatives Fortschreiten und Umschlagen der Motive ist erwünscht, so dass ein spannungsvolles, überraschendes Gedichtgeflecht entsteht.
Renshi mit Lars-Arvid Brischke und Stephan Gürtler (2003 & 2004)
Im Sommer 2002 probierten Lars-Arvid Brischke und ich zum ersten Mal die Form des Renshis aus: des abwechselnden, aufeinander bezogenen Dichtens an einem gemeinsamen Ort, mit dem Ziel, in wenigen Tagen ein Kettengedicht zu verfassen. An zwei bzw. drei Sommertagen der Jahre 2003 und 2004 schrieben wir dann zu dritt, mit Stephan Gürtler, zwei Kettengedichte (jeweils bestehend aus 18 Gedichtgliedern), die sich zusammengenommen auch als ein Renshi auffassen lassen. Das 2003er-Renshi haben wir in Britta Gansebohms Z-Salon (Berlin-Mitte) präsentiert; abgedruckt wurde es in der Zeitschrift "intendenzen" Nr. 10. Beide (Teil-)Renshis trugen wir im Februar 2005, von Michael "Slupi" Slupinski am Piano begleitet, in der "Kleinen Weltlaterne" (Berlin-Wilmersdorf) vor.
(aus: intendenzen Nr. 10)
Im August 2003 verbrachten Lars-Arvid Brischke, Stephan Gürtler und ich zwei Tage in einem Kleingarten in Berlin-Pichelsdorf, nahe der Havelbucht „Scharfe Lanke“, und schrieben das hier abgedruckte Renshi.
Indem wir Kettendichtung betrieben, gingen wir einerseits ein Verhältnis mit der japanischen Lyriktradition ein. Andererseits, weil das Renshi eine moderne, formal ungebundene Variante des Kettengedichts darstellt, knüpften wir an eine jüngere Geschichte an. Diese hat - nach Prof. Eduard Klopfenstein, einem bekannten Mentor des Renshi - 1969 in Paris begonnen und zieht seither Dichterinnen und Dichter an den verschiedensten Orten der Welt in kollektive Schaffensprozesse hinein.
Was ist wesentlich dabei? Die Teilnehmenden begegnen sich an einem vereinbarten Ort. Dort schreiben sie nacheinander Gedichte, wobei sich jedes auf das vorherige beziehen muss. Mit Bashô formuliert: Man „riecht“ den Duft des vorangegangenen Kettenglieds und reagiert darauf. Die Beiträge müssen in einem relativ knappen Zeitrahmen, der vorher abgesprochen wird, zu Papier gebracht werden. In der Form der Gedichte und auch in der Art der Bezugnahme sind die Teilnehmenden frei. Man kann ein Wort aus dem vorherigen Kettenglied herausgreifen, an den Sinn anschließen, ein Motiv aufnehmen, weitertreiben, abwandeln oder auch ein Formelement übernehmen. Assoziatives Fortschreiten und Umschlagen der Motive ist erwünscht, so dass ein spannungsvolles, überraschendes Gedichtgeflecht entsteht.
Wir begaben uns also in eine Situation, von der wir nicht wussten, wohin sie führt. Das ist beim Dichten zwar nicht unüblich, aber das Wagnis ist ein anderes, wenn man nach einer Stunde ein Ergebnis zu präsentieren hat. Anfängliche Unsicherheiten legten sich jedoch bald - am schwersten hatte es der erste - und es zeigte sich: die frisch verfassten Zeilen des einen stoßen beim anderen etwas an, locken etwas hervor; die gemeinsame Dynamik, eher von Teamgeist als von Konkurrenz bestimmt, spornt an; eine leicht rauschhafte Konzentration stellt sich ein; die Sensoren gehen auf und die Zensoren treten zurück.
Die Dichtung, die dabei Gestalt annimmt, kann man mit einem gewissen Recht improvisiert nennen. Auch wenn es sich nicht um unmittelbare Stegreifdichtung handelt, gefällt es mir, den literarischen Wert des Renshi mit dem einer Live-Aufnahme in der Musik zu vergleichen, speziell im Jazz - eine lyrische Jam Session.
Einzelne Gedichte aus der Kette herauszulösen und separat darzubieten, könnte ihnen den Atem nehmen. Das Verhältnis von Teil und Ganzem spiegelt sich darin, dass die Einzeltexte traditionell nur mit dem Vornamen unterschrieben werden; der Autor zeichnet gewissermaßen nur zur Hälfte verantwortlich. Der einzelne Dichter wird als Urheber relativiert und gewinnt zugleich, durch die Einbindung in das kontrastierende Umfeld, an eigener Stimme.
Dass ein Renshi etwas von einem Spiel hat, in dem man nach bestimmten Regeln und in einem selbstgesetzten Rahmen agiert, beflügelt. Als eine Art Versuchsanordnung rückt das Renshi in die Nähe experimenteller Traditionen. Meine Erfahrung mit Dichten unter Vorgaben ist, dass Einschränkungen erweitern und Erschwernisse manches leichter machen oder überhaupt erst ermöglichen können.
Durch die Zeilen eines oder einer anderen inspiriert zu werden, was bei fast jeder Lyrik nachzuweisen gelingt, ist bei dieser Form des Dichtens Grundvoraussetzung. Insofern lehrt das Renshi auch einiges über den lyrischen Schaffensprozess im allgemeinen. Das Verhältnis von Eigenem und Fremdem, das Moment der Inspiration, auch das Fügen der Sprache werden intensiv erfahren, weil der Prozess des Dichtens einerseits eingegrenzter und transparenter ist als in der gewohnten Schreibtischsituation, andererseits erweiterter durch die Auseinandersetzung mit anwesenden Dichterkollegen und die relativ lange Strecke “am Stück“, auf der man immer aufs Neue herausgefordert ist.
Rainer Stolz
© Stephan Gürtler, Lars-Arvid Brischke, Rainer Stolz
Hinter dem Nussbaum
unter der Dachrinne
bauen die Wespen ein Nest.
Die sieben Gartenzwerge
kommen hervor
hinter den sieben Holunderbüschen
und räuchern es aus.
Sie sitzen in heiterer Runde
unter dem Nussbaum.
Stephan
Aus heiterem Himmel
ins Gartenreich
abgeseilt -
ranken Pflanzen
über Pflanzen
über Zäune
von Parzellen
helfen Kletterhilfen
sich zu überwinden
durchzudringen
zu den Winden.
Rainer
ich teile ein
paar zellen
durch drei. gehilfen
hieven tempera-
turen nach oben
auf der goldenen skala
verpufft der sommer. verpulvert
habe ich den cappuccino
& den gartenteich fast voll-
gepumpt mit frucht-
fliegen wir
herbei.
Lars-Arvid
Plopp - da fällt ein Apfel
und bleibt liegen
gar nicht weit von mir.
Was macht es,
dass ich nicht weiß
ob es ein Boskop ist?
Was bin ich froh,
dass Newton bereits
die Schwerkraft entdeckt hat -
so ist es an mir,
die nach oben offene
Skala der Leichtigkeit zu erklimmen
hier unterm Apfelbaum.
Stephan
jemand sägt. nicht weit vom stamm-
tischredner greift das fallobst an bis
jemand sagt: hör zu hör auf
die scharfe lanke lauscht
mit segelohren, bauscht die boote, bietet
faules wasser wo
niemand an mageren mücken nagt.
Lars-Arvid
Im August sind wir parisfrei
in Livland, im Hinterhof
friedlich. Unsre Stadt-
bücherei leiht uns Zeit.
Langsam essen wir, dösen
schnell ein, lieben uns
im Schlaf und träumen
in Kurzwellen.
Auf der Seine
ein Segler
aus Dingelsdorf.
Rainer
Statt im Ausland zu suchen
suchen wir hier
in einem Kleingarten
in Pichelsdorf.
Eine Katze erscheint und findet
drei Dichter bemüht
was innen ist
mit Worten nachzuäffen.
Ach!
Die Katze verschwindet
leicht wie ein Luftzug
nach Dingelsdorf.
Stephan
Einer ist fertig für heute.
Einer ist fertig mit allem.
Einer fing eben etwas an.
Einer legt einen Stein
auf des anderen Grenzstein.
Einer wird das erinnern.
Dem geht wer auf den Grund.
Dem geht wer auf den Leim.
Einer geht los, holt Wein.
Einer holt Holzkohle.
Einer holt aus.
Einer lauscht dem Laub.
Einer bauscht das Feuer.
Einer rauscht zum Klo.
Einer kaut am Schwein.
Einer zählt eins.
Einer zählt zwei.
Drei klopfen auf Stein.
Rainer
meerkatzen müssen wissen
wo pichelsdorf ist
legen sie sich auf den kühlergrill
haben nüsse am ohr & eier-
pflaumen im sinn
sieht einer mich kommen
woher wohin
immer zum nachbarn oder ins gebüsch
wir kommen nicht weiter
auf dem königsweg
bis zum steg
mit wasserlöslichen ankern
& echten berliner mauerseglern
dose right thing
auf dem holzweg, erpicht
zu erfahren, wo pichelsdorf ist
kann dingelsdorf nicht weit sein
Lars-Arvid
Von oben siehst du den Fluss
unten das Wasser
dein Blick löst sich
ein Nichtschwimmer
dem die Augen brennen.
Rainer
Auf einer Gartenparty
spuckte ich in den Teich.
Gleich schossen die japanischen Goldfische
an die Oberfläche
immer gierig nach Futter.
Die Party ging bis zum Morgen -
lauter reiche Leute.
Stephan
lasst mich in ruhe
arbeiten. im rhythmus der schlafenden maschinen-
filme die durchdrehen
die auf körpern schwimmen
fettaugen, seit jahren gesammelt. zerstreut
fabriziere ich zeilen-
weise verdien ich
mein glück.
Lars-Arvid
Ich weiß auch nicht!
Rhythmus Ruhe Kunst und Spiel
Glanz und Glück und Kurtisanen
Liebe Geld ein Haus mit Garten - alles
keine Anker, die nichts halten.
Wie wär´s
zu angeln ohne Köder
ohne Angel?
Stephan
Ein Liegestuhl, ein Blumenkrug, ein alter Fensterrahmen
Gemälde in Verwitterung, ein Overall abgetragen -
ein Haufen Müll, der sich noch sperrt
gegen seinen Status. Ein Raunen
aus dem Raum.
Rainer
kampfkunst als status-
symbol der dynamik
auf einem bein
im regelkreis stehn.
plus minus polt sich
um jeden schritt
im gleichgewicht sein
& in pichelsdorf bleiben
wo die bälle bunt-
specht bussard & buchfink
gedichte sind &
aus der steckdose kommen
diego & frida
zwei feuerwerkskörper
die den rahmen ihres hochzeitsbilds
sprengen.
Lars-Arvid
Die sich bekriegen
versiegen ihre Kraft
und die sich mäßigen
verlieren ihr Maß.
Das war ein Tag.
Ich geh baden.
Rainer
Nicht mal Blätter bewegen sich
bei der Hitze.
Baden gehn wär keine schlechte Idee
wenn's nicht so weit wär zum See.
Da fächelt mir ein Zitronenfalter
frischen Wind zu.
Stephan
& ich schreibe endlich mit beiden händen
best practice, worst case & die anderen
low-future-szenarien sind ein thema
mit variationen: die holzkohle reicht
bis in die ewigkeit
nur die steinkohle geht
zuende.
Lars-Arvid
(erschienen in: intendenzen Nr. 10)
© Lars-Arvid Brischke, Stephan Gürtler, Rainer Stolz
Mitgenommen von der Stadt
sich absetzen ins Naturschutzgebiet
Hier weht schon ein anderer Wind
einer dem man zuhören müsste -
doch wie die Stille stehlen
die den Birken gehört?
Stephan
zusehen wie die güterzüge
luftgitarre spielen
mit grenzenlosen waren.
Lars-Arvid
Noch eine Wiese
die sich nicht ziert.
Wieder ein Weg
der beschwingt
baden geht.
Ich bin am Zug.
Rainer
Am Abend
wenn ich noch müder bin
sind die Mücken
hoch motiviert.
Nachts
wenn ich schlaflos bin
suchen sie den Platz
an der Ader.
Am Morgen
wenn ich noch müder bin
ihr Summen in meinem Kopf
bis zum Abend.
Stephan
Atme tief in den Himmel.
Dein Zeigefinger: ein Wolkenkratzer.
Starte von hier aus
und du bewahrst
den Traum vom Fliegen
wie alle Lebensmüden.
Rainer
den speckgürtel brauchen wir nicht
enger zu schnallen. wir haben luft-
nummern gewählt
& uns zusammengebraut.
als ausflügler sind wir gelandet & warten
noch kurz an der schranke. dann spucken wir
den ortskern aus & sagen: danke
ihr rostbratwürste geht unter die haut.
Lars-Arvid
Wenn du mal was
andres machen willst
kannst du auch immer
das selbe machen.
Der Pirol singt hübsch
im Pflaumenbaum
doch er lässt sich
nicht blicken.
Spuck über den Rand.
Stephan
du radio
halb schlaf, halb schatten
brummst schon, wenn der tag noch lang ist
die stare gehn auf stimmenfang
& fliegen suchen sich
minijobs in meinem
renaturierten gesicht
Lars-Arvid
du Zungenküsser, du Wurmlochsucher
du Vielversteher und Umdreher
du Tintenschinder, du Seitentreiber
du Randbebauer und Querkauer
du Plusquamperfektkorrektor
du Orientierer, du Neuausprobierer
du Mittelbezwecker und Lückenlecker
du Kannstmichmal, du Jugendfreund
du Interessantfinder, du Hergelaufener
du Genauhingucker, du Fragenspucker
du Erstmalentspanner, du Dusager
du Chemiewarner, du Baldrian
du arbeitsloser Arsch
Rainer
(Drama)
Du musst etwas
leicht umdrehen können
einen Verlauf
eine Hand,
dachte Mama.
Du musst einen Schritt
mit dem Kopf machen
mit dem Rücken beginnen
am Anfang enden,
dachte Papa.
Warum nicht,
dachte Er.
Stephan
Den Zuschauern
fehlt der Bezug.
Den Schauspielern
fehlt der Applaus.
Den Kritikern
fehlen die Worte.
Den Lesern
auch.
Rainer
tagaus tagein gefahren
sind die glorreichen sieben
waggons:
im ersten die autisten mit ihrem autan
im zweiten die stammkunden mit ihrem warencharakter
im dritten die dauergriller mit ihrem universalverdünner
im vierten die kirschentkerner mit ihrem luftgewehr
im fünften die drogenkuriere mit ihren zwölf hanutas
im sechsten die schnellentspanner mit ihrem latexbindemittel
& im siebten nichts als die lok
Lars-Arvid
Es fährt ein Zug
nach Nirgendwo.
Wir fahren mit.
Die Frau im Kleid
macht Träume wach,
im Speisewagen
gibt es Kaffee.
Es fährt ein Zug
nach Nirgendwo.
Wir steigen aus
genau
zwischen
zwei
Sekunden.
Stephan
& wieder ein verbrechen
vor dem pätzer hintersee
hinter dem pätzer vordersee
brutal, aber richtungsweisend:
das hochspannungselektrofischen
trifft millimetergenau
die plötzen
die weißen
die besten
der touri der tramp & der eilige gast
lachen sich dumm & dämlich
lachen sich ins fäustchen
lachen sich einen ast:
sie haben das plötzen vom see
sie haben das weiße vom see
sie haben das beste vom see
lange schon verdaut.
Lars-Arvid
Definieren Sie Ihre Begriffe
sagte der Erste. Der Zweite:
Fangen Sie an, wo Sie wollen
doch fangen Sie an. Der Dritte
war ein Dialektiker, er hörte
nicht mehr auf zu reden.
Ich jongliere seitdem
mit Bällen
lerne schwimmen
wie ein Kind.
Die Verdauung beginnt
mit dem Essen.
Rainer
Am Morgen
im grünen Waldsee
wehrlos auf dem Rücken.
Mach den Brustkasten auf
und lasse das Herz schlagen.
Über mir
ein schwarzer Milan.
Stephan
Was ich mitnehmen werde:
wie der Greifreflex
allmählich nachlässt
den Sumpf am Rand
des leichten Gangs
das Tonloch im See
18 Arten zu summen
Besuch zu haben
der vor mir da ist
warmen Regen
was ich lassen kann
Rainer
(36 variationen ohne glenn gould)
alles lief hier aus-
gelotet:
kräftige schläge gegen den brunnenkopf
& sein versteinertes klopfen
lassen den motor brummen. Er pumpt
ein ganzes lebenswerk in einen roman
einen ganzen roman auf eine seite
eine ganze seite in eine zeile
eine ganze zeile in eine silbe
eine ganze silbe in ein einziges zeichen
die zeichen stehen günstig. Er pumpt
honig in die adern
lauben in den laubsack
die silberlinge des pfennigstrauchs
in die 13 monde des jahres
magnesiumspäne ins lagerfeuer
sonnenmilch auf die ehrliche haut
wegwerfbilder in die praktica
schäferhundwelpen aus dem brutkasten
ostprodukte in den westen
wespen aus der marmelade
wurstbrocken in die schäferhundwelpen
werbefotos aus der yashica
von der mama, die im tanga ihr auto wusch
vom papa, der beim tango duschte
& von Ihm, den sie ingo nannten
oder klaus laus mit dem elektrogrill
der bei jerry danone spielen will
im grunde im wiesengrunde
hier läuft alles
über
die pumpe
Lars-Arvid